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Easiness Lifecycle Management
Kommentar

Der Dash Button: Einkaufen im Bad und in der Küche

Andreas Wimmer, 15. November 2016

Mit dem Dash Button soll Einkaufen noch einfacher gemacht werden. Was gut klingt, hat aber auch Nachteile – über das „schicke Design“ der mit Knöpfen zugeklebten Wohnung hinaus. Denn der Button beschränkt uns, statt uns neue Möglichkeiten zu öffnen. Simplify ist allerdings bei Verbrauchern nicht mehr gefragt. Damit kann der Knopf nur eine Übergangslösung sein. Ein Kommentar.

Komisch – gerade dachte ich, dass die Knöpfe verschwinden. Smartphones haben (fast) keine mehr, Geldautomaten auch nicht. Das Bezahlen im Supermarkt mit Geldkarte funktioniert mittlerweile auch ohne Knöpfe und Tasten. Und neulich beim Probesitzen im Tesla suchte ich den Knopf fürs Schiebedach und musste feststellen, dass es ihn nicht gibt. Und was macht Amazon, der Technologie-Vorreiter im Onlinehandel? Bringt uns die Knöpfe – buchstäblich – zurück ins Haus. Nicht nur einen Knopf, sondern eine ganze Armada. Genauer gesagt: Einen Knopf für jedes Produkt.

Damit will Amazon uns das Einkaufen so leicht wie möglich machen. Zumindest den Einkauf von den Dingen, die wir immer wieder brauchen. Unser Waschpulver. Das Duschgel. Den Kaffee – Waren, bei denen unsere Lieblingsmarke eine wichtige Rolle spielt und auf die wir auf keinen Fall verzichten möchten. Und die gleichzeitig so selbstverständlich sind, dass wir beim Einkauf nicht immer daran denken oder schlicht nicht wissen, ob wir noch genügend zu Hause haben.

Dinge, für die wir bislang lieber noch einmal in den Supermarkt oder den Kiosk gegangen sind, statt sie online zu bestellen. Denn dafür brauche ich einen PC, ein Tablet oder zumindest ein Smartphone. Und die Zeit, mir die Dinge online auszusuchen, Angebote zu vergleichen, in den Warenkorb zu legen, die AGB durchzulesen, die Zahlungsinformationen zu hinterlegen oder zumindest zu verifizieren, … Ganz schön viel Aufwand für eine Tube Zahnpasta, oder?

Um uns eben diese doch noch verkaufen zu können, will Amazon jetzt den Online-Einkauf ohne PC und Smartphone etablieren. Und hat dazu einen neuen Knopf auf den Markt gebracht, den Dash Button. Den kann ich überall da hin kleben, wo ich ein bestimmtes Produkt nutze. Geht es zur Neige, löse ich mit einem Knopfdruck die Bestellung aus. Bereits am nächsten Tag, so dass Versprechen, bekomme ich die Ware nach Hause geliefert. Und dies, ohne dass ich noch irgendwas dafür tun muss.

Eingerichtet wird der Button über eine App. Damit kann ich hinterlegen, was ich mit dem Button in welcher Menge bestellen möchte. Amazon erhält die Daten dann bei jedem Knopfdruck per WLAN. Damit Besucher und andere Spaßvögel, die sich zeitweise in meiner Wohnung aufhalten, nicht unbemerkt in meinem Namen bestellen, erhalte ich bei jedem Knopfdruck eine Bestellbestätigung auf mein Smartphone und kann bei Bedarf stornieren. Auch Mehrfachbestellungen wird vorgebeugt: Mit dem Bestellschutz können Bestellungen erst dann aufgegeben werden, wenn die vorherige Bestellung ausgeliefert wurde. Das macht den Button auch für vergessliche Menschen zu einem Null-Risiko-Tool. Zumal ich über die App ja jederzeit die Mengen neu vorgeben kann.

Natürlich hat der Button die Verbraucherschützer auf den Plan gerufen. Sie beklagen unter anderem, dass bestimmte gesetzliche Regelungen nicht eingehalten werden. So fehlt der schriftliche Hinweis, dass mit dem Knopfdruck eine kostenpflichtige Bestellung ausgelöst wird. Auch erhalte der Kunde erst nach der Bestellung die Information über den Gesamtpreis. Ganz ehrlich: Mich würde dies nicht von der Nutzung des Dash Buttons abhalten. Schließlich weiß ich ja, warum ich ihn mir auf die Waschmaschine, in Schränke oder auf Kacheln klebe.

Was mich vielmehr stören würde, sind die Knöpfe selber: Einer an der Waschmaschine, einen in der Küche für Kaffee, einen am Schreibtisch für Papier … Das wäre mir dann doch zu viel. In den USA sind bereits 100 dieser Buttons auf dem Markt. Es scheint mir auch, als würden die Dash Buttons in erster Linie für die Markenartikel-Hersteller entwickelt, die Kunden an sich binden und von alternativen, möglicherweise günstigeren Angeboten fernhalten wollen.

Überhaupt – macht der Button den Online-Einkauf von Gebrauchsmaterialien wirklich so viel einfacher und attraktiver? Ich finde die Idee ganz nett, trotzdem kann der Button für mich nur eine Zwischenlösung sein. Denn allein die Verwaltung der einzelnen Dash Buttons kostet mich Zeit: Was passiert, wenn sich die Lieblingsmarke ändert? Oder der Bedarf? Ich brauche einen neuen, zusätzlichen Button. Muss ihn einrichten und kontrollieren. Oder muss die Mengen via App anpassen. Wieso denn dann nicht direkt via App einkaufen?

Für mich ist der Dash Button ein klarer Schritt in Richtung Simplify: Er steht für eine klar definierte Aktivität, die über den Druck auf den Button ausgelöst wird. Aktion – Reaktion. Zum Brunch mit der Familie einen besonderen Kaffee dazu geordert oder mal ein neues Waschmittel ausprobieren – mit dem Dash Button stehen wir da vor einem Problem. Denn das ist nicht vorgesehen. So gesehen ist der Dash Button also ein „dummer Knopf“. Ein intelligenter Knopf auf dem Smartphone, der das Bestellprocedere vereinfacht und trotzdem Variationsmöglichkeiten öffnet, wäre hingegen easy.

Übrigens hat Amazon für alle, die auf den Dash Button verzichten wollen, schon eine neue Lösung für den deutschen Markt parat: Den Einkauf per Sprachbefehl – ganz ohne Knopf. Möglich macht dies Amazon Echo, ein Lautsprecher, der mit der Stimme gesteuert und via WLAN mit dem Internet verbunden wird. In Zusammenarbeit mit der Alexa App spielt er Musik ab, liest Bücher vor – und nimmt Bestellungen entgegen. Dank zahlreicher weiterer Funktionen erinnert mich Alexa ein wenig an S.A.R.A.H., dem Computersystem in der Wohnung von Jack Carter aus der TV-Serie Eureka, oder nicht?

Zumindest bietet Alexa die Chance, den Einkauf zu variieren. Anders als ein Knopf, der trotz der Idee dahinter irgendwie doch veraltet erscheint. Weil er uns einschränkt, statt neue Möglichkeiten zu öffnen.

Ich bin gespannt, wie leicht oder kompliziert der Einkauf mit Alexa wird. Noch habe ich aus den USA, wo die Lösung bereits auf dem Markt ist, nichts dazu gehört. Wie muss ich mir beispielsweise die Darstellung von Alternativ-Angeboten vorstellen? Den Preisvergleich? Oder das Akzeptieren der AGBs? Wir werden es erleben.

Abzuwarten bleibt auch, wie andere Anbieter reagieren. Schließlich ist Amazon nicht das einzige Unternehmen, das vom boomenden E-Commerce profitieren will. Auch andere Anbieter werden sich entscheiden müssen, wie sie die Kunden halten wollen – und durch welche Technologie. Zunächst einmal hat sich jedoch Amazon trotz aller Kritikpunkte erneut als Vorreiter positioniert. Ich persönlich freue mich darauf zu sehen, ob und wie andere Online-Plattformen nachziehen.


 

Weitere Informationen zum Thema im Buch “Easiness – Leichtigkeit gewinnt beim Kunden”

https://www.facebook.com/easiness2/

https://www.amazon.de/EASINESS-Leichtigkeit-gewinnt-beim-Kunden/dp/3000478973/

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